Kalk und Gips im Chemieunterricht |
"Salze in Natur und Technik" sind ein altbewährtes Unterrichtsthema, das sich meist an die Behandlung der Säuren und
Alkalien im fortgeschrittenen Chemieunterricht der 9. oder 10. Jahrgangsstufe anschließt. Man behandelt im Unterricht gewöhnlich Kalk
als Calciumsalz der Kohlensäure und Gips als Calciumsalz der Schwefelsäure und ordnet nach den jeweils korrespondieren
Säuren.
Losgelöst von dieser chemisch-systematischen Zuordnung lassen sich beide Stoffe im Kontext ihrer alltäglichen
Verwendung und Nutzung beim Bauen gut betrachten und vergleichen: Als Massenbaustoffe werden beide aus heimischen, standortnahen Rohstoffen durch einen Brennprozess aufbereitet, beide Substanzen unterliegen in der Anwendung einem Abbindevorgang, aber beide Stoffe haben am Bau unterschiedliche Anwendungsbereiche - entsprechend ihren Eigenschaften - gefunden. Im Folgenden werden nun Unterrichtsphasen skizziert, die den Schülerinnen und Schülern die technische Gewinnung und Verarbeitung dieser beiden Baustoffe durch Experimentieren und praktisches Anwenden nahebringen. |
Wir brennen und verarbeiten Kalk
Vom selbst gebastelten Kalkofen bis zur frisch getünchten Wand | |
---|---|
Der Kalkofen |
Materialbedarf:
hierzu eine Experimentieranleitung (Schüler-Arbeitsblatt) >> download jetzt anschauen |
Erste Auswertung
|
Der beschriebene Versuch benötigt Zeit, 3 x 45 min muss man kalkulieren, bis die Ofenfüllung gut durchgebrannt ist. Die Kalksteinchen haben ihre Farbe von mittelgrau nach blassgrau-beige verändert. Ein Vergleich (mit zurückbehaltenen Kalkschotterstücken) zeigt auch den Massenschwund. Man kann von 10 Steinchen des Ausgangsstoffes die durchschnittliche Masse ermitteln und dies bei 10 Stückchen des Branntkalks wiederholen und vergleichen. |
Kalk löschen |
Wenn man den ausgekühlten Branntkalk mit einer kleinen Schaufel aufgenommen hat, kann der zweite Schritt folgen, das Löschen.
Im Unterrichtsraum wird der Versuch als Schülerexperiment durchgeführt: In ein 400-ml-Becherglas, das zur Hälfte mit kaltem
Wasser gefüllt ist, gibt man mit dem Spatel ein Stückchen des gebrannten Kalksteins. Mit starkem Zischen erfolgt die Reaktion.
Zwei bis drei weitere Kalkstücke dürfen folgen. (Vorsicht! Schutzbrille benutzen!) Das Gemisch erwärmt sich erheblich.
Die Kalkstücke zerfallen zu einer quarkähnlichen Masse von schneeweißer Farbe.
Der Eimer wird mit so viel Wasser gefüllt, wie es dem eineinhalbfachen Volumen an gebranntem Kalkschotter entspricht.
Nun gibt man in kleinen Portionen den Branntkalk nach und nach in den Eimer und lässt ihn unter ständigem Rühren
reagieren. (Vorsicht! Spritzgefahr! Alle Beteiligten tragen Schutzbrillen!) Dann stellt man den Eimer zum Abreagieren
für einige Tage an einen sicheren (!) Ort. (Hinweisschild: Achtung: Löschkalk - stark ätzend!) |
Löschkalk verwenden |
Je nach den Gegebenheiten im schulischen Umfeld kann man den Löschkalk eine Woche später verwenden.
|
Unterrichtsbegleitend: |
Gips im Chemieunterricht der Jahrgangsstufe 9/10
| |
---|---|
Alltag- und Technikbezüge rund um einen interessanten Werkstoff |
Ähnlich wie beim Thema "Kalk" steht in dieser Unterrichtssequenz ein salzartiger, also aus Ionen aufgebauter Stoff
aus der Gesteinswelt im Mittelpunkt. Auch hier wird der mineralische Rohstoff durch eine thermische Zersetzung zu einem
nutzbaren Werkstoff umgeformt, allerdings ist das Experimentieren mit diesem Stoff etwas einfacher. Wegen der niedrigen
Reaktionstemperatur läuft das Gipsbrennen im Unterrichtsraum als Schülerversuch, und die erzeugten kleinen Mengen an
gebranntem Gips werden auch wieder in Schülerversuchen (Partner- oder Kleingruppenarbeit) verarbeitet. In dieser Unterrichtssequenz stehen 3 Fragestellungen im Mittelpunkt, deren Beantwortung sich durch experimentelle Untersuchungen und handwerklichen Umgang mit dem Stoff ergibt. |
1. Wie entstehen Gipssteine |
Die meisten Schulchemikaliensammlungen verfügen über eine Dosenportion Marienglas, einen Stoff aus dem Grundsortiment
der Chemikalienanbieter. Mit dieser gut kristallisierte Variante des Gipses lassen sich nicht nur wichtige Stoffeigenschaften
wie die geringe Ritzhärte, die Dichte und die Wasserlöslichkeit bestimmen, sondern Marienglas lässt sich auch gut brennen. Besser ist es, wenn man über natürlichen Gipsstein in seiner derben, feinkörnigen oder dichten Form verfügt, wie ihn die Gips verarbeitenden Firmen als Rohstoff einsetzen. Zumindest in Nordhessen, am Harzrand, in Mainfranken und in der Nähe von Tübingen kann man ihn sich leicht besorgen. Um die Genese von Gipsstein als chemisches Sediment zu verstehen, sollten kleine Versuche zum Lösen und Auskristallisieren von der Lerngruppe durchgeführt werden.
|
2. Wie wird aus Gipsstein der Bau- und Werkstoff Gips hergestellt? |
Hier wird das technische Verfahren des Brennens von Gipsstein im Reagenzglas-Maßstab nachgespielt. Die Schülerinnen und Schüler
treiben mit dem Gasbrenner etwa drei Viertel des Kristallwassers heraus. Wenn möglich, sollte man auf der Grundlage der formulierten Reaktionsgleichung die entsprechenden stöchiometrischen Berechnungen anstellen und den Versuch durch Kontrollwägungen vorher, zwischendurch und am Ende begleiten.
Der fertig gebrannte Gips wird in der Reibeschale zu feinem Pulver verrieben und steht dann für die Weiterarbeit zur Verfügung. |
3. Wie arbeitet man mit (Stuck-)Gipspulver? |
Mit der Abformung eines kleine Gegenstandes (Münze, Schneckenhaus, Spielfigur o.ä. - jedenfalls etwas ohne
hinterschnittene Flächen) üben die Schülerinnen und Schüler die handwerkliche Verwendung. Sie müssen zügig arbeiten,
denn der angerührte Gipsbrei erhärtet in der Regel recht schnell. Das Gipspulver wird in einem Becherglas in eine reichliche Portion kaltes Wasser eingestreut und zu einem glatten, dünnen Brei verrührt. Man legt den Gegenstand zur Abformung auf den noch weichen Brei und drückt ihn etwas ein. Einige Laborausstatter halten für diese Schülerübung kleine Plastikformen bereit. |