Kalk und Gips

 
Kalkofen Gipsbrennen



Kalk und Gips im Chemieunterricht

"Salze in Natur und Technik" sind ein altbewährtes Unterrichtsthema, das sich meist an die Behandlung der Säuren und Alkalien im fortgeschrittenen Chemieunterricht der 9. oder 10. Jahrgangsstufe anschließt. Man behandelt im Unterricht gewöhnlich Kalk als Calciumsalz der Kohlensäure und Gips als Calciumsalz der Schwefelsäure und ordnet nach den jeweils korrespondieren Säuren. Losgelöst von dieser chemisch-systematischen Zuordnung lassen sich beide Stoffe im Kontext ihrer alltäglichen Verwendung und Nutzung beim Bauen gut betrachten und vergleichen:
Als Massenbaustoffe werden beide aus heimischen, standortnahen Rohstoffen durch einen Brennprozess aufbereitet, beide Substanzen unterliegen in der Anwendung einem Abbindevorgang, aber beide Stoffe haben am Bau unterschiedliche Anwendungsbereiche - entsprechend ihren Eigenschaften - gefunden.
Im Folgenden werden nun Unterrichtsphasen skizziert, die den Schülerinnen und Schülern die technische Gewinnung und Verarbeitung dieser beiden Baustoffe durch Experimentieren und praktisches Anwenden nahebringen.

Wir brennen und verarbeiten Kalk

Vom selbst gebastelten Kalkofen bis zur frisch getünchten Wand

Der Kalkofen





brenn-start

Materialbedarf:

  • Rohr aus feuerfestem Material, z.B. PLEWA (Schornsteininnenrohr) 20 x 20 cm oder SCHIEDEL Innenrohr Durchmesser 20 cm
  • Drahtgitter, verzinkt, Maschenweite 18 mm
  • 3 Backsteine
  • 1 YTON-Stein, im Backsteinformat, mit gebohrtem Luftloch
  • KS-Rohr, im Durchmesser passend zum Luftloch, ca. 50 cm lang
  • Gebläse (Labor-Fön)
  • Holzkohle (Grillkohle), nicht zu grob
  • Grillkohleanzünder
  • Kalkschotter, ca. 25-mm-Körnung

hierzu eine Experimentieranleitung (Schüler-Arbeitsblatt) >> download

An einem geeigneten Ort im Freien werden als Basis die 4 Steine im Karré aufgestellt, und mit einem zugeschnittenen Drahtgitterrost abgedeckt. Man legt 4 Stücke Grillanzünder auf den Rost und stellt das PLEWA-Rohr als "Schachtofen" auf. Es ist von einem Drahtgitter umgeben, damit das Rohr nicht an den sich bildenden Rissen auseinanderfällt. Nun wird dieser Ofen zunächst mit einer 10-cm-Lage Grillkohle befüllt, dann bis zum oberen Rand mit Kalkschotter und weiterer Grillkohle im Vol.-Verhältnis 1:1 - entweder lagenweise abwechselnd oder gut durchmischt.
Durch das Luftloch im Basisstein entzündet man die Grillanzünder mit einem langen Holzspan oder Pappstreifen. Dann wird mit dem Fön ein permanenter Luftstrom über das Kunststoffrohr in die Ofenbasis eingeblasen.
Über mehrere Stunden brennt die Kohle langsam durch und treibt das Kohlendioxid aus dem Kalkstein. Nach dem Abkühlen zieht man das Rohr nach oben ab, und nimmt den Branntkalk auf, die Holzasche kann man vorher leicht mit dem Fön wegblasen.

Anmerkung: Einen Eindruck von diesem Schulhofversuch gewinnt man auf den EXPERIMENTA-Seiten im Chemikus-web.
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Erste Auswertung


branntkalk
 

Der beschriebene Versuch benötigt Zeit, 3 x 45 min muss man kalkulieren, bis die Ofenfüllung gut durchgebrannt ist.
Die Kalksteinchen haben ihre Farbe von mittelgrau nach blassgrau-beige verändert. Ein Vergleich (mit zurückbehaltenen Kalkschotterstücken) zeigt auch den Massenschwund. Man kann von 10 Steinchen des Ausgangsstoffes die durchschnittliche Masse ermitteln und dies bei 10 Stückchen des Branntkalks wiederholen und vergleichen.

Kalk löschen

Wenn man den ausgekühlten Branntkalk mit einer kleinen Schaufel aufgenommen hat, kann der zweite Schritt folgen, das Löschen. Im Unterrichtsraum wird der Versuch als Schülerexperiment durchgeführt: In ein 400-ml-Becherglas, das zur Hälfte mit kaltem Wasser gefüllt ist, gibt man mit dem Spatel ein Stückchen des gebrannten Kalksteins. Mit starkem Zischen erfolgt die Reaktion. Zwei bis drei weitere Kalkstücke dürfen folgen. (Vorsicht! Schutzbrille benutzen!) Das Gemisch erwärmt sich erheblich. Die Kalkstücke zerfallen zu einer quarkähnlichen Masse von schneeweißer Farbe.
Es fällt den Schülern hier meist leicht, die energetischen Abläufe zu erklären und die Begriffe exotherm und endotherm richtig zuzuordnen.

Für die praktische Anwendung von Löschkalk sollte die gewonnene Portion Branntkalk im Freien vollständig abgelöscht werden.
Man benötigt dazu

  • 1 Zinkeimer
  • 1 kleine Schaufel
  • 1 Stock zum Rühren
  • Wasser

Der Eimer wird mit so viel Wasser gefüllt, wie es dem eineinhalbfachen Volumen an gebranntem Kalkschotter entspricht. Nun gibt man in kleinen Portionen den Branntkalk nach und nach in den Eimer und lässt ihn unter ständigem Rühren reagieren. (Vorsicht! Spritzgefahr! Alle Beteiligten tragen Schutzbrillen!) Dann stellt man den Eimer zum Abreagieren für einige Tage an einen sicheren (!) Ort. (Hinweisschild: Achtung: Löschkalk - stark ätzend!)
Dieser Versuch entspricht dem klassischen "Einsumpfen" von Branntkalk, wie es früher in flachen Erdgruben bei den Baustellen praktiziert wurde. (Schüler sollten sich darüber von ihren Großeltern berichten lassen.)

Löschkalk verwenden

Je nach den Gegebenheiten im schulischen Umfeld kann man den Löschkalk eine Woche später verwenden.
Beispiele für die Anwendung sind

  • Tünchen einer Wandfläche: Man rührt den Löschkalk, der jetzt auch als Weißkalk bezeichnet wird, mit Wasser zu einer streichfähigen Tünche und streicht diese mit Pinsel oder Quast auf eine Wand mit rohem mineralischem Untergrund (Naturstein, Ziegel, Kalkputz, Beton)
  • Mörtel verarbeiten: Man mischt etwas Löschkalk mit dem 4-6-fachen Volumen Sand und etwas Wasser zu einem Kalkmörtel, mit dem man ein paar Ziegelsteine übereinander vermauert. Nach Tagen und Wochen wir die Festigkeit überprüft. Außerdem testet man von Zeit zu Zeit mit feuchtem Universalindikatorpapier den pH-Wert auf der Oberfläche
  • Kalk-Casein-Farbe: Wie oben beschrieben werden in einem Eimer etwa 3 Liter Tünche angesetzt. Dieser Kalksuspension wir nun 1 Pfund Magerquark hinzugegeben und glatt gerührt. Eine kleine Wandfläche wird damit gestrichen. Nach längerer Zeit kann man die geweißten Flächen vergleichen und die Abrieb- und Wischfestigkeit prüfen. Auch hier kann die Lerngruppe von Zeit zu Zeit den Grad des Abbindens mittels feuchtem Indikatorpapier überprüfen.

Unterrichtsbegleitend:
In zeitlicher Nähe zu diesem sehr praxisorientiertem Vorgehen sollten die Schülerinnen und Schüler den technischen Kreislauf des Kalkes in der Schrittfolge Brennen, Löschen und Abbinden auch chemisch begreifen und entsprechend auswerten. Die Anwendung von Formelsprache und chemischen Gleichungen hilft, die Rolle von Wasser und Kohlendioxid in diesen Umwandlungsprozessen zu verstehen.
Auch kulturgeschichtliche Betrachtungen sollte man anstellen, gerade wenn bei Kalkvorkommen in der Nähe die Technik des Kalkbrennens historisch belegt ist oder als modernens Verfahren heute praktiziert wird.

Anmerkung: Machen Sie einen Ausflug zum Kalkofenmuseum Untermarchtal, zumindest hier im Chemikus-web. Surfen Sie zu den Illustrationen im BILDERPOOL
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Gips im Chemieunterricht der Jahrgangsstufe 9/10

Alltag- und Technikbezüge rund um einen interessanten Werkstoff

Ähnlich wie beim Thema "Kalk" steht in dieser Unterrichtssequenz ein salzartiger, also aus Ionen aufgebauter Stoff aus der Gesteinswelt im Mittelpunkt. Auch hier wird der mineralische Rohstoff durch eine thermische Zersetzung zu einem nutzbaren Werkstoff umgeformt, allerdings ist das Experimentieren mit diesem Stoff etwas einfacher. Wegen der niedrigen Reaktionstemperatur läuft das Gipsbrennen im Unterrichtsraum als Schülerversuch, und die erzeugten kleinen Mengen an gebranntem Gips werden auch wieder in Schülerversuchen (Partner- oder Kleingruppenarbeit) verarbeitet.

In dieser Unterrichtssequenz stehen 3 Fragestellungen im Mittelpunkt, deren Beantwortung sich durch experimentelle Untersuchungen und handwerklichen Umgang mit dem Stoff ergibt.

1. Wie entstehen Gipssteine

Die meisten Schulchemikaliensammlungen verfügen über eine Dosenportion Marienglas, einen Stoff aus dem Grundsortiment der Chemikalienanbieter. Mit dieser gut kristallisierte Variante des Gipses lassen sich nicht nur wichtige Stoffeigenschaften wie die geringe Ritzhärte, die Dichte und die Wasserlöslichkeit bestimmen, sondern Marienglas lässt sich auch gut brennen.
Besser ist es, wenn man über natürlichen Gipsstein in seiner derben, feinkörnigen oder dichten Form verfügt, wie ihn die Gips verarbeitenden Firmen als Rohstoff einsetzen. Zumindest in Nordhessen, am Harzrand, in Mainfranken und in der Nähe von Tübingen kann man ihn sich leicht besorgen.

Um die Genese von Gipsstein als chemisches Sediment zu verstehen, sollten kleine Versuche zum Lösen und Auskristallisieren von der Lerngruppe durchgeführt werden.
  • Löffelportionen von zerkleinertem Steinsalz, Kalk und Gipsstein werden jeweils in einem Trichter mit Faltenfilter mit je 50 ml destilliertem Wasser übergossen.
  • Die aufgefangenen Eluate werden in drei Petrischalen eingedampft. Man betrachtet die unterschiedliche Kristalltracht und vergleicht die Wasserlöslichkeit der drei Stoffe.
  • Wenn möglich sollten auch vergleichbare Portionen von Meerwasser oder Mineralwasser eingedampft werden.
Die Lehrkraft unterrichtet über die Vorgänge in austrocknenden Meeresbecken (Flachshelf-Salinare), wo sich Kalk, Anhydrit, Gips, Steinsalz und Edelsalze entsprechend ihrer Löslichkeit durch Auskristallisieren übereinander schichten.

2. Wie wird aus Gipsstein der Bau- und Werkstoff Gips hergestellt?



gipsbrennen

Hier wird das technische Verfahren des Brennens von Gipsstein im Reagenzglas-Maßstab nachgespielt. Die Schülerinnen und Schüler treiben mit dem Gasbrenner etwa drei Viertel des Kristallwassers heraus.
Wenn möglich, sollte man auf der Grundlage der formulierten Reaktionsgleichung die entsprechenden stöchiometrischen Berechnungen anstellen und den Versuch durch Kontrollwägungen vorher, zwischendurch und am Ende begleiten.
  • In ein Reagenzglas (30 x 200 mm) gibt man 3 - 5 Löffelspatel zerkleinerten Gipsstein oder Marienglas. Es wird in ein Stativ mit wenig Neigung (fast waagerecht) eingespannt.
  • Nun erhitzt man mit schwacher blauer Flamme und dreht dabei das Glas immer wieder in seiner Halterung.
  • Wasserdampf entweicht. Kondensat von der Wand des Reagenzglases wird mit dem Brenner immer wieder ausgetrieben.
  • Nach 15 - 20 min ist in der Regel genügend Wasser ausgetrieben. Genaueres Arbeiten erfordert Wägekontrolle (s.o.).
hierzu eine Experimentieranleitung (Schüler-Arbeitsblatt) >> download

Der fertig gebrannte Gips wird in der Reibeschale zu feinem Pulver verrieben und steht dann für die Weiterarbeit zur Verfügung.

3. Wie arbeitet man mit (Stuck-)Gipspulver?

Mit der Abformung eines kleine Gegenstandes (Münze, Schneckenhaus, Spielfigur o.ä. - jedenfalls etwas ohne hinterschnittene Flächen) üben die Schülerinnen und Schüler die handwerkliche Verwendung. Sie müssen zügig arbeiten, denn der angerührte Gipsbrei erhärtet in der Regel recht schnell.
Das Gipspulver wird in einem Becherglas in eine reichliche Portion kaltes Wasser eingestreut und zu einem glatten, dünnen Brei verrührt. Man legt den Gegenstand zur Abformung auf den noch weichen Brei und drückt ihn etwas ein. Einige Laborausstatter halten für diese Schülerübung kleine Plastikformen bereit.

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